Werbende Wort-Bild-Botschaften und ihre Wurzeln
Die Kommunikations-Netzwerke der Werbung (wie verstärke ich die Anziehungskraft für meine Wort-Bild-Botschaft) entwickelten sich in Abhängigkeit sozialer Systeme und deren möglichem Freiraum für marktwirtschaftliche Entfaltung. Eduard Grosse formuliert dies in seinem Buch "100 Jahre Werbung in Europa" wie folgt: "Es gibt zwei Wurzeln der modernen Werbung: eine nordamerikanische und eine europäische. Beide reichen zurück bis in den Zeitraum der ersten industriellen Revolution in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die neuen Technologien jener Zeit traten in Europa auf eine hochentwickelte Tradition bildender Kunst, die (ausgehend von Frankreich) für Jahrzehnte die Werbung grafisch-symbolisch bestimmte. Ihr Hauptwirkungsfeld war die Grossstadt, ihr Hauptmedieum war das Plakat. In den Vereinigten Staaten gab es diese Tradition nicht. Werbung war fernerhin nicht auf grosse Städte konzentriert, sondern sie hatte die riesigen Entfernungen zwischen den Teilmärkten dieses damals landwirtschaftlich orientierten Landes zu überbrücken. Sie tat es durch die Betonung des verkäuferischen Wortes, mit der Textanzeige, deren Stil sich aus den Angeboten der Versandhauskataloge heraus entwickelte. Vereinfachend kann man sagen, dass die grafische Wurzel der modernen Werbung in Europa liegt, die textliche Wurzel in den Vereinigten Staaten. Zumindestens bei der Werbung in den gedruckten Medien sind die Spuren dieser Differenz noch heute sichtbar."
Informationsflut contra Lernbereitschaft
Wenn man sich heutzutage fragt, warum es so schwer (teuer) ist, neue Namen verkaufsaktiv in die Hirne der potentiellen Bedarfer einzupflanzen, so ergibt sich daraus eine einfach Antwort. Jene, die seit mehr als 100 Jahren zum Teil als Synonyme für bestimmte Waren (z.B. Selters - für Mineralwasser, Tempo für Papiertaschentücher oder Maggi für eine flüssige Gewürzzugabe) ihre Namen etabliert haben, taten dies zu einer Zeit, als sie noch nahezu konkurrenzlos auf dem Marktplatz der Bedarfer sich tummelten und ihre Ware anpriesen. Ihre Botschaften waren unüberhörbar, die Redundanz (Wiederholungsrate, Werbefrequenz) konnte in Grenzen gehalten werden; der Lernprozess konnte sich auf Jahrzehnte hin ausdehnen, denn sie hatten noch nicht gegen die heutige Informationsflut in den Medien anzukämpfen. So etablierten sich auch Marken, deren Namen nicht gerade höchsten Differenzierungs-Charakter haben mussten. Diejenigen Unternehmen, die es verstanden, bis zum heutigen Tag diese Marken im Bewusstsein der Zielgruppen aufrechtzuhalten, können damit auf eine gewachsene Informations-Dichte zurückgreifen, die nur schwer durch Einzel-Unternehmer aufzuholen ist - von wenigen Ausnahmen abgesehen.
Von Kurzlebigkeit bis hin zu Überlebens-Chancen
Produktnamen haben heutzutage ihren Ursprung nicht zwangsläufig mehr in den Firmennamen. Wessen Name heute z.B. durch die Massenmedien permanent positiv ausgeprägt wird, dessen Name kann auch verschiedensten Produkten oder Läden entsprechende Anziehungskraft verleihen. Dies gilt insbesondere für den sportiven Bereich (Tennis, Skilaufen, Fussball, etc.). Das Image dieser Namen steht jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit den Erfolgen der Sportprofis. Wechseln diese auf die Verliererseite oder ziehen diese sich aus dem aktiven Sport zurück, so verlieren die Namen schnell an Attraktivi tät. Unsere schnelllebige Zeit geht mit solchen Namen unbarmherzig um; was heute IN ist, kann morgen schon wieder OUT sein. Hier zeigt sich, wie anfällig und sensibel das Namens-Marketing letztlich doch ist, wenn es an kurzlebige Images gebunden ist. Genau umgekehrt kann es sich verhalten, wenn Namen besser sind, als die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eines Unternehmens. Ist dies der Fall und stellt der Name den eigentlichen immateriellen Wert des Unternehmens dar (z.B. AEG oder BLAUPUNKT), so verkauft sich auch dann noch ein Produkt, wenn der ursprüngliche Unternehmens-Zyklus längst abgelaufen ist.